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Haben Sie das in der Dorfzeitung auch gehört? Mich hat die Neugier nach diesem Audio-Interview erfasst!

Susanne Richter, die mit ihrem Mann den Fahrradladen in Fuhlendorf führt, sprach in der Interviewreihe „Wir sind Fuhlendorf“ … “da komm ich jetzt mal mit der Idee des Tante Enso Ladens “.

Von einem Tante-Emma-Laden hat bestimmt jeder schon gehört, doch was ist ein Tante-Enso-Laden? Natürlich hilft in so einem Fall der Blick ins Internet, unter www.tanteenso.de findet man die Enso- Idee. Es gibt Berichte, Filme bei YouTube über Filialeröffnungen und natürlich über das Bremer Startup Unternehmen, das 2019 auf die Idee kam, ihren Lebensmittelonlineshop „myenso“ zu erweitern mit Filialen in Dörfern, die keine Lebensmittelversorgung mehr haben. Hier wird eine Einkaufsmöglichkeit rund um die Uhr geschaffen, für Berufstätige besonders attraktiv ist der Laden 7 Tage die Woche 24 Stunden geöffnet. Sie gehen dorthin, wo die großen Märkte sich zurückgezogen haben.

Bei umfangreichen Marktanalysen stellten die Gründer fest, daß immer mehr weiße Flecken auf der Lebensmittelversorgungskarte entstehen. Die großen Einzelhändler konzentrieren sich auf Märkte mit mehr als 800 Quadratmeter Fläche, die aber nicht in Orten unter 3000 Einwohnern funktionieren. Die Statistik belegt das Sterben der kleinen Läden: Im Jahr 2010 gab es rund 41000 Verkaufsstellen im Lebensmittelhandel, im Jahre 2022 waren es noch knapp 34.000. In Fuhlendorf haben wir das Glück, die allseits beliebte Fleischerei Schmidt zu haben. Eine Vollversorgung mit Lebensmitteln haben wir jedoch nicht. Wir sind dankbar, dass es den Dorfladen von Miriam Lumma gibt, aber ein Vollsortiment kann sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht anbieten. Für nicht mehr mobile Menschen oder solche, die kein Auto haben, ist das ein Problem

Mit einem Tante-Enso-Laden kehrt nicht nur die Vollversorgung ins Dorf zurück, sondern es entsteht auch ein sozialer Treffpunkt. Das Tante Emma-Gefühl trifft auf modernen Handel.

Enso ist übrigens das japanische Wort für Kreis. Er symbolisiert die Gemeinschaft. Der Mittelpunkt im Kreis des Enso -Logos ist der einzelne Mensch, und zwar als Teilhaber und Mitgestalter. Das Tante-Enso-Prinzip basiert auf der Idee eines genossenschaftlich organisierten Supermarktes, der als Online-Shop und als Filiale vor Ort funktioniert.

Die Hauptmerkmale sind:

  1. Die Mitbestimmung, denn die Kunden können über die Wünsch-Dir-was-Tafel oder über das Internet ihre Produkt-, Lieferanten- und Servicewünsche einbringen.

  2. Die Kunden sind mit einem Genossenschaftsanteil von 100 Euro Teilhaber, dadurch haben sie Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens und erhalten die Ensokarte zur Ladenöffnung und zum Bezahlen.

  3. Mit dieser digitalen Kundenkarte sind die Filialen jederzeit zugänglich, sie dient als Schlüssel. Im Durchschnitt drei Stunden am Tag ist auch Personal zur Kundenbetreuung ansprechbereit und zum Waren einräumen da.

  4. Der Online-Shop ermöglicht den Zugriff der Kunden auf über 20.000 Produkte, die auf Anforderung in den Dorfladen oder nach Hause geliefert werden. Der Tante-Enso-Laden selbst deckt mit etwa 3000 Produkten den täglichen Bedarf ab.

  5. Die Preise sind im Allgemeinen mit denen von Supermärkten wie Rewe vergleichbar. Rewe ist übrigens der Hauptlieferant. Zusätzlich gibt es Treueboni von 2-4 % des Einkaufswertes, der dem Kundenkonto gutgeschrieben wird. Onlinebestellungen sind ab einem Warenwert von 60 Euro kostenlos.

  6. Hersteller und Lieferanten aus der Region werden auf Empfehlung der Kunden mit ihren regionalen Produkten einbezogen.

Die Idee des Tante-Enso-Konzept wird seit 2019 vorangetrieben, inzwischen gibt es 70 Filialen bundesweit, davon zwei in Mecklenburg – Vorpommern. Dahinter steht ein bremisches Handelsunternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitern, das 2016 als online-shop „myenso“ gegründet wurde.

Mitbestimmung auf allen Ebenen wird im Tante Enso-Konzept großgeschrieben. Eine Gründung findet nur statt , wenn sich hinreichend viele Dorfbewohner hinter dieses Konzept stellen, sich genossenschaftlich engagieren wollen und eine Bewerbung an „myenso.de“ schicken.

Klingt alles gut! Aber nun wollte ich doch Susanne Richter und Miriam Lumma dazu für meinen Artikel in der Dorfzeitung sprechen. Denn sie waren so begeistert vom Enso-Konzept, dass sie in der Bürgersprechstunde bei unserem Bürgermeister Christian Unger nachgefragt haben, ob er sich eine solche Einkaufsmöglichkeit für Fuhlendorf vorstellen könnte.

Seine Reaktion im Gespräch wird von den Beiden unterschiedlich bewertet. Nehmen wir mal die positive Interpretation seiner Reaktion. Er wollte zunächst die Anregung geben, dass das Interesse von Nachbarorten wie Saal, die auch von der Lebensmittelversorgung abgehängt sind, mit einbezogen werden sollte.

 

Wir von der Dorfzeitung wollen es genauer wissen und mit diesem Artikel die Diskussion eröffnen.

Ist Fuhlendorf mit seinen 829 Einwohnern (Stand 31.12.24) in den vier verschiedenen Ortsgemeinden, seinen Touristen und Nachbardörfern überhaupt bereit, eine Genossenschaft zu gründen, eine Verkaufsfläche zu finden und einen solchen Laden durch den Wocheneinkauf zu erhalten?

Wenn ein Interesse besteht und eine Initiative tatsächlich eine Bewerbung auf den Weg bringt, schauen sich die Gebietsleiter von „myenso“ den Standort genauer an. Ihre Standortanalyse und das Kennenlernen der örtlichen Gegebenheiten führen zu einem Grobkonzept. Dazu gehört auch eine mögliche Immobilie, die angemietet werden kann oder die die Kommune zur Verfügung stellt, weil auch ihr die Nahversorgung ihrer Einwohner am Herzen liegt. Danach erfolgt eine Genossenschaftskampagne, bis die individuell vereinbarte Anzahl der Teilhaber erreicht ist. Zur Umsetzung gehört dann eine detaillierte Ladenplanung und die Mitarbeitersuche.

Susanne Richter und Miriam Lumma sprudeln jetzt schon vor Ideen, welche zusätzlichen Aufgaben ein solcher Enso-Laden auch noch übernehmen könnte. Sie denken zum Beispiel an eine DHL-Station und eine Toto-Lotto-Stelle. Ein kleiner Treffpunkt zum Klönen, ein Internetzugang, um die Dorfzeitung zu lesen (!), ein gutes Kaffee- und Zeitungsangebot und ein Pinbrett für den analogen Informationsaustausch müsste auch drin sein.

Wer jetzt sagt, dafür ist kein Geld da, weil wir ja schon ein Touristeninformationszentrum bauen, wird sich sagen lassen müssen, es gibt auch Einheimische, nicht nur Touristen. Sie zahlen zwar keine Kurabgabe, aber ihre Einkommenssteuer. Der Zeitpunkt ist günstig wie selten, um unser Dorf attraktiver zu machen. Es gibt ein Förderprogramm Dorfmitte des Ministeriums für Wirtschaft und Tourismus, das bereits Fördergelder für den Enso-Laden in Dabel zwischen Schwerin und Parchim bezahlt hat.

Es gibt einen Bürgerfonds mit jährlich 7,3 Mio. bis 2026 und es gibt den MV-Plan-2035, in dem die Investitionsmittel des Bundes für MV in den nächsten 10 Jahren in der Höhe von 1,92 Milliarden gebündelt werden.

Wir von der Dorfzeitung sind gespannt auf die Diskussion und planen eine gezielte Abfrage des Interesses in den nächsten Wochen.

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